Vor einem Jahr kaufte ich voller Unvernunft eine Leica M9. Es gefiel mir, ein Risiko beim Kauf dieser Kamera einzugehen, nicht wissend, ob ich das Geld nicht für den Winter bräuchte. Dezember und Januar sind ja magere Monate. Wenn alles schief laufen würde, könnte ich sie ja wieder verkaufen, dachte ich. Die Dinger sind ja Wertstabil. Niemand hielt mich auf und dieser Moment gefühlter grenzenloser Freiheit, liegt seither wie ein verantwortungsvoller Schleier über mir. Ich fühle mich der Fotografie verpflichtet. Wer einen so teuren Halsschmuck spazieren trägt, fängt damit besser etwas an und genau das habe ich versucht. Ich habe viele hinterfragt, geübt und ziemlich oft mich selbst im Spiegel fotografiert. Keine Ahnung, ob ich nun ein besserer Fotograf geworden bin, oder jetzt intelligenter fotografiere. Ich weiß, dass wenn dafür die Kamera weniger verantwortlich ist, als ich es denn selbst bin. Sie ist höchstens ein ziemlich teurer Motivator und Trainer. Niemand braucht eine Leica, aber wer sich nicht gut selbst zusammenreißen kann, dem ist sie wärmstens empfohlen. Ich blende seither deutlich mehr ab und versuche Bilder mit mehr Tiefe zu erzeugen. Mein Blick fällt auf manches, an dem ich vielleicht vorbeigelaufen wäre. Ich fotografiere Jobs mit der M und alles fühlt sich ein bisschen ehrfürchtiger an. „Das ist aber eine schöne Kamera.“ höre ich seither öfter und denke mir: „Ach bitte, komm schon. Labere doch nicht.“. Ich fühle mich dann immer ertappt, dass es vielleicht doch nur ein teurer Halsschmuck ist. Immerhin sind gut 15.000 Bilder weniger auf der Festplatte, bei gleichem Arbeitspensum. Kann an der M liegen, kann aber auch sein, dass sich die Projekte nur verändert haben. Ich will sagen, ich liebe diese Kamera, aber niemand braucht sie. Ich lebe im Luxus und sei ehrlich, du willst es doch auch.