Ich bastele da gerade an etwas. Es ist ein Lightroom Preset inklusive Farbprofil, welches dem Kodak Kodachrome 25 so nah kommen soll, wie es nur geht. Eine komplette Emulation wird niemals möglich sein und ich kann mich nur an bereit existierendem Bildmaterial orientieren. 2009 hat Kodak die Entwicklung dieses Films eingestellt und neben Kodak konnten nur ausgewählte Fachlabore im K14-Prozess entwickeln. Die Chancen heute Kodachrome zu entwickeln ist fast bei 0. Irgendwo steht sicher noch ein bisschen Chemie und ein paar Meter Film wird es auch noch geben. Mich ärgert es einfach unendlich, niemals auf Kodachrome fotografiert zu haben. Da geht es irgendwie ums Prinzip und da ich mich nicht geschlagen geben möchte, versuche ich zumindest einen kleinen Kompromiss zu erreichen und einen Look zu entwickeln, der diesen Film als Grundlage benutzt. Ich bin da schon ein gutes Stück weiter gekommen und muss nun sehr viel testen und testen lassen. Dieses Wochenende hat mich mein guter Freund Yannick besucht, um sich nach einem geeignetem Masterstudiengang umzusehen. Die HSD in Düsseldorf hatte eine Werksschau und so was eignet sich ja immer gut, um ein Gefühl für einen Fachbereich zu bekommen. Da sollte sich doch viel verschiedenes fotografieren lassen, um den aktuellen Stand mal wirklich in Erfahrung zu bringen. Wie taugt denn das Preset, wenn man nichts mehr an den Bildern tun mag, außer es anzuwenden?
Als ich Yannick vom Bahnhof abholen wollte, sah ich schon die Straße runter eine Demo. Es lohnt sich immer, da mal etwas näher ranzugehen, denn wo Leute mit eine Botschaft auftreten, liegen immer ganz viele Geschichten rum und man kann sie ganz einfach aufsammeln. Hier ging es wohl um die Unterstützung von Kurden in der Türkei und um die Freilassung von Abdullah Öcalan.
Dann tauchten plötzliche diese Leute auf, die sich einfach an die Demo für kurze Zeit angehängt haben, da ihre Kundgebung am Bahnhof stattfand. Das fand ich viel spannender und so bin ich etwas näher rangegangen.
Fokus versaut, Story passt. So was löscht man nicht, das zeigt man.
Die Schwarzweißbilder habe ich in Nik Silver Efex entwickelt. Der Kodak Tri-X Look ist einfach so perfekt, man braucht nichts anderes mehr, außer vielleicht eine Rolle Tri-X selbst. Aber vielleicht noch kurz etwas anderes, ich labere dieser Tage ja viel von Technik, Looks und Farbprofilen. Darum geht es am Ende nicht. Die Geschichten müssen passen, alles andere ist nur nebensächlich.
Die Werksschau war so, na ja… sagen wir ‚O.K.‘, aber das hier war ein sehr solides Werk. Insgesamt zählten wir 2 wirklich gute Arbeiten, vieles war schon nicht so schlecht, aber auch nichts, was den Fachbereich besonders hervorheben würde.
Samstag, done.
Wenn man eh warten muss, dann kann man das ruhig an einer guten Eckte tun. Leider passiert Sonntags in Wuppertal absolut gar nichts und so fotografiert man in 30 Minuten vielleicht 5 Situationen. In NY ist das einfacher.
Ich hab mich ein bisschen gefreut, auch wenn ich die Arbeit von Per Florian Applegreen schon gesehen habe, ist es doch immer etwas anderes, wenn man ihr dann leibhaftig begegnet. Good Job!
Das Abschätzen von Distanzen wird besser.
Wir waren eigentlich nach Düsseldorf gefahren, um uns die Peter Lindbergh / Garry Winogrand Ausstellung anzusehen, aber der Andrang war mir etwas zu viel. Das mache ich dann lieber noch mal in Ruhe.
Fokus verpasst, aber die Story ist da und die ist wichtiger.
Letztes Bild, ungelogen ging danach die Kamera aus. Akku durch. Mic drop.
Dieser Tage beschäftige ich mich sehr stark mit einem Teil meines Jobs. Ich fotografiere auch Hochzeiten und Suchmaschinenoptimierung des Portfolios ist da ein wichtiger Arbeitsschritt. Es muss nicht nur alles schön aussehen, gut funktionieren und sofort die richtigen Informationen bereithalten, sondern die Seite muss vor allem erstmal gefunden werden. Für mich ist das ein ständiger Zwiespalt zwischen zu viel und zu wenig Text, zwischen Formulierungen wie „Hochzeitsfotograf Wuppertal“ und mir tauglicheren Begriffen. Optimiert man einen Text für die Suchmaschine, verliert er oft die eigene Seele und wird schnell zu ekliger Werbung, die mit meinem Dienstleistungsangebot nicht mehr so viel zu tun hat. Ich möchte nicht zu so einem Typen werden, der sich absolut verkauft, der mehr Text als Bilder in seinem Portfolio hat und der Hochzeiten vor allem aus monetären Gründen fotografiert.
Früher habe ich mal gesagt, wenn alles schief geht, kann ich immer noch Hochzeiten fotografieren. So viel ist seitdem gar nicht schief gegangen, aber ich fotografiere dennoch Hochzeiten. Wie es dazu kam und wie ich darüber denke, möchte ich heute gerne erzählen.
Ich hatte immer ordentliche Vorbehalte. Hochzeitsfotografen waren für mich immer diese Fotobudentypen, die weder einen Sinn für Ästhetik noch für Romantik besitzen. Sie leben in ihrer eigenen Welt und auch wenn Kunden sie dafür bezahlen, dass sie diese mal für ein paar Stunden verlassen, schaffen sie es dennoch nicht. Es tat mir immer leid, wenn ich an so einem Laden vorbei ging und die Bilder im Schaufenster sah. Ich hatte mich nie mit den eigentlichen Kunden beschäftigt, mit denen ich doch so viel Mitleid hatte und so fragte ich mich immer, wie es so weit kommen kann. Ich wollte niemals so einen Unfug produzieren und schloss daher konsequent aus, überhaupt Hochzeiten zu fotografieren, ein bisschen in der Sorge, die Kunden würden diesen Unfug vielleicht gar nicht so schlecht, sondern ziemlich gut finden.
Irgendwann lief mir dann mal Steffen digital über den Weg und zeigte, dass es auch anders geht und das Thema eigentlich gar nicht so schlimm ist. Er hat damals selbst gerade angefangen Hochzeiten zu fotografieren und schrieb ganz gut darüber, was ihm dabei alles widerfuhr. Ohne es zu wissen, wurde er damit zum Anwalt der Hochzeitsfotografie für mich. Mein elitäres, arrogantes Ich hat er mal ordentlich vermöbelt und seitdem zeigt es sich nicht mehr so gerne. Danke dafür!
Das plötzliche eine kleine Fussballmannschaft, die Hochzeitsgesellschaft unbeeindruckt durchquert, um dann auf dem Friedhof ein bisschen zu spazieren, kann man sich auch nicht vorher ausdenken. Es sind solche Begebenheiten, die immer wieder passieren und Hochzeiten ein bisschen einmaliger werden lassen. Hochzeiten sind ein Magnet für seltene Ereignisse.
Die erste Hochzeit, die ich überhaupt jemals besuchte, war eine von Fremden. Ich bin mitgenommen wurden, weil jemand für jemand anderen einspringen musste und es für eine gute Idee hielt, dass ich mit dabei wäre. Plötzlich offenbarte sich mir wieder diese Business, was ich doch ein wenig verächtlich betrachtete. Eine Fotografin hatte eine Hochzeit angenommen, obwohl sie wusste, dass sie niemals rechtzeitig zur Trauung in der Kirche sein würde. Um dieses Problem zu lösen, sorgte sie für Ersatz und kam später dazu. Ich wunderte mich, dass das Paar das mitgemacht hat, aber wenn man das 5 Minuten vor der Party offenbart und die armen Leute den Kopf eh mit anderen Dingen voll hatten, verstehe ich, warum man sich darauf einlässt. Eine Wahl schienen sie nicht zu haben. Ich stellte fest, wie facettenreich Hochzeiten sein können und wie viel ständig überall passiert. Es hat mir Spaß gemacht dort zu fotografieren. Ich konnte mich richtig ausleben und schien nicht auf Grenzen zu stoßen, wie ich sie von der Street Photography her gewohnt war. Alle sind offen, alle haben Spaß, es ist so einfach die guten Motive zu fotografieren. Man wird als Fotograf Teil der Story und ich musste mich bis dahin oft immer bemühen, das gerade nicht zu werden, aber trotzdem mein Bild zu bekommen. Am Ende gab es noch Ärger mit der Fotografin, die damals den Job eigentlich fotografieren sollte. Ich fühlte mich plötzlich wieder bestätigt in meinem Denken über Hochzeitsfotografen, war diese Frau doch nur auf das Geld aus und ihr Ego war gekränkt worden, als sie die gemeinsame Arbeit betrachtete. Ich beschloss vielleicht doch besser keine Hochzeiten zu fotografieren, auch wenn ich während der Hochzeit kurz überlegt hatte, ob das nicht was für mich sein könnte.
Ein Jahr später, ich saß gerade in einer Pressekonferenz, bekam ich einen Anruf. Weil ich nicht rangehen konnte, googelte ich die Nummer und es war eine Anwaltskanzlei, die unteranderem Medienrecht bearbeitet. Ich überlegte gleich, ob mich jemand abmahnen möchte, oder sonst etwas sei. Im Auto rief ich dann zurück und stellte fest, dass Herr Anwalt gerne heiraten möchte und gemeinsam mit seiner Frau entschieden hatte, dass nur ich die Hochzeit fotografieren könnte. Was ich denn dazu meinen würde, weil ich das in meinem Portfolio ja gar nicht zeigen würde. Ich war überrascht und geehrt zugleich. Eigentlich bekommst du doch nur die Jobs, die du auch zeigst und ohne den Beweis angetreten zu haben, dass ich in dem Bereich gut sein könnte, war jemand davon überzeugt, ich wäre es. Ich willigte sofort ein und fotografierte ein paar Wochen später eine wunderbare Hochzeit im Bismarkturm in Wuppertal. Ich war plötzlich ein Hochzeitsfotograf und es war großartig. Das Paar hatte so viel Spaß und wollte eine authentische Serie und keine seelenlosen Portraits. Wir hatten die gleiche Wellenlänge, einen ähnlichen Geschmack und ich fühlte mich sehr wohl. So begann alles. Ich wollte mich doch mal versuchen und schauen, ob man Hochzeiten nicht doch fotografieren kann, ohne eklig zu sein.
Ich lernte einen weiteren Fürsprecher der Hochzeitsfotografie kennen. Daniel wurde ein guter Freund und ohne ihn, wäre ich vielleicht gar nicht dabei geblieben. Er hat mir das Business erklärt und mich in seine Jobs mit einbezogen. Wo andere auf Workshops rennen, um mal anständige Personen in einer wunderschönen Umgebung zu fotografieren, da bekam ich das alles serviert und wurde auch noch dafür bezahlt. Nebenbei erlebten wir auch noch ein großartiges Abenteuer zusammen und stellten fest, dass wir als Team großartig funktionieren. Hochzeitsfotograf war nun endgültig cool genug für mich.
Ich gründete den Awesome Hearts Club, weil ich mich mit „André Duhme – Hochzeitsfotograf Wuppertal“ einfach nicht anfreunden kann. Damit bekam meine Ansicht, wie ich Hochzeiten fotografieren möchte, einen Namen und ein eigenes Portfolio. Man denkt immer, es wäre schwer an die Jobs zu kommen, oder schwer eine Hochzeit tatsächlich zu fotografieren. Wirklich schwer dagegen ist es, sein Wesen in eine Marke zu pressen und danach noch in den Spiegel gucken zu können. Nach ein paar Anläufen und etwas Feedback von den Guten der Branche, war aber auch das geschafft und ich habe eine schöne Saison hinter mir.
Ich hätte es anfangs nie gedacht, aber ich bin ziemlich zufrieden damit. Das Fotografieren von Hochzeiten erfüllt mich in ein paar Dingen, wie es manche anderen Jobs nicht können, allen voran schaffe ich tatsächliche konservierte Erinnerungen und schenke sie Menschen, für die diese einen großen Wert besitzen. Es ist jedes mal ein bisschen, als würde man Mitglied in einem Geheimbund werden. Manche Paaren wurden zu Freunden und von jeder Hochzeit konnte ich etwas für mich mitnehmen, was mich wachsen ließ. Es sind dankbare Jobs, aber dabei sind sie dennoch anspruchsvoll. Sie fordern mich und am Ende weiß man, was man geleistet hat.
Ja, 2016 war gar nicht so schlimm. Das hat nun fast schon jeder gesagt und das mit Trump kriegen wir auch wieder hin. Ich will auch gar nicht so sehr ins Detail gehen und die Welt mit einem einzigen Blogpost wieder in die für mich richtige Bahn werfen. Nur ganz kurz, wirklich. Es dauert auch nicht lange und ich versuche nicht zu nerven. Was ich noch schnell sagen wollte…
Ein Kalenderjahr geht zu Ende, doch für mich beginnt das Leben eh jeden Morgen nach dem Aufwachen neu. Ich bin zufrieden, oder mache mir manchmal Gedanken, je nachdem was gerade so los ist. Ich bin gar nicht so richtig in der Jahresendmelancholie, es ist viel mehr die Ruhe in den letzten Tagen, die mich nachdenken lässt und ich bin ein bisschen erstaunt. Die Zeit ist so verflogen und so richtig habe ich gar nicht gemerkt, was in der Summe alles passiert ist, was ich erreicht habe und wieviel sich verändert hat, oder noch verändern wird. Ich meine, ey ich habe eine Leica M9, besitze endlich ein Cabrio und werde Wuppertal verlassen und nicht alleine, denn ich bin verliebt. Ich war zweimal in München und dreimal in Österreich, aber vor allem so oft, wie noch nie am Meer. In meiner Jackentasche trage ich wieder ein Ricoh GR mit mir rum, nachdem mir dieses geliebte olle Ding 2013 mal geklaut wurde. Dieses Jahr lief so gut. Ich werde nicht mehr nur gebucht, weil ich Bilder mache, sondern eben wegen der genau der Bilder, die ich mache. Mein Portfolio ist so viel schöner und vor allem voller geworden. Vor 2 Jahren saß ich noch am Silvesterabend da und war mich ganz und gar nicht sicher, dass ich überhaupt es bis zum Sommer schaffen würde. Ein merkwürdig intensives Gefühl von Dankbarkeit und Gelassenheit umgibt mich in dieses Tagen. Ich glaube, darum möchte ich das alles gerade sagen. Am liebsten ein paar guten Menschen direkt und nicht nur hier aufgeschrieben, aber das ist etwas, was ich wohl heute nicht mehr schaffen werde. Das ist etwas für’s neue Jahr. In diesem habe ich mich vielleicht ein bisschen zu sehr auf mich konzentriert und muss im nächsten mal wieder mehr Freunde und Familie an diesem, meinem, wahnsinnigen Zirkus namens Leben teilhaben lassen. Ich mache mir zwar ein paar Gedanken wegen der ganzen AfD-Scheiße, Pegida, Trump, oder identitären Spinnern, aber das ist nichts was mich von meiner Zufriedenheit abhält, oder mir mein eigenes Dasein versaut. Es ist nur die Scheiße, die man eben mal anpacken muss und wenn es nicht diese wäre, dann wäre es eben eine andere.
Das Land der pommesgelben Haare ist manchem auch als Sachsen-Anhalt bekannt. Dort wohnen meine Eltern, da bin ich geboren und träumte als kleines Kind von der Republiksflucht. Das habe ich geschafft und nun kehre ich doch ein paar mal im Jahr zurück, um meine Familie zu sehen und Freunde zu treffen. Weihnachten eignet sich dafür besonders gut. Man hat Zeit, alle haben Zeit und es gibt genug Gründe diese miteinander zu verbringen. Essen zum Beispiel ist ein wunderbarer Grund und so koche ich gerne einmal im Jahr für meine Eltern.
Dieses Jahr hat mir meine Freundin Sheila dabei geholfen. Na ja, vielleicht habe auch ich ihr dabei geholfen. Genau weiß man das nicht. Weihnachten ist in meiner Familie kein opulentes Fest. Man isst, man schenkt, man isst und dann geht man schlafen. Geschenke – selbst als sozialistisches Kind war ich zu Weihnachten eigentlich nur auf Geschenke fixiert. Auch heute finde ich Geschenke noch großartig und vor allem finde ich Schenken großartig. Meinen Eltern bekamen Andreas Kielings und Kilian Schönbergers Buch „Sehnsucht Wald“ und ich bekam von meinen Eltern Helmut Newtons „Sumo“ (Nein, nicht das gaaaaaanz große.). Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut und musste ein bisschen kichern. Immerhin haben meine Eltern mir damit de facto ein Buch mit Brüsten geschenkt. Das so was mal passiert, denkst du dir in der Pubertät auch nicht aus.
Meiner Großmutter wollte ich ein bisschen mehr schenken, als einfach nur ein Objekt. Sie ist nicht mehr so gut zu Fuss und auch wenn ihr Heimatort nur 30 Minuten entfernt liegt, ist das für sie schon eine Weltreise. Durch die Straßen zu schlendern, wäre ohnehin nicht mehr möglich. Also sind wir nach Schwanebeck gefahren und haben alles von Bedeutung fotografiert. Das ist ein verschlafenes kleine Dörfchen in der Nähe von Halberstadt. Wenn man dort angekommen ist, fühlt man Sachsen-Anhalt zum ersten Mal richtig. Davor ist alles doch irgendwie auch ein bisschen Niedersachsen und riecht etwas mehr nach Wohlstand. Schwanebeck dagegen ist Osten. Niemand ist auf den Straßen und hinter großen Toren bellen ein paar Hunde. Hier kommt die AfD auf 22,8%. Ich fand es ein bisschen lustig, dort durch die Straßen zu laufen und alles zu fotografieren. Auch wenn da niemand auf den Straßen zu sehen ist, bekommt man im Ort doch alles mit. Vielleicht kursieren jetzt ein paar Gerüchte über einen jungen Wuppertaler Investor, der da ein paar leerstehende Gebäude kaufen möchte. Möglicherweise denkt man aber auch, dass die Lügenpresse nur im Ort war, um ein bisschen ostdeutsche Tristesse einzufangen. „Weihnachten in der national befreiten Zone“ oder so.
Wir haben die Bilder gleich gedruckt und meiner Großmutter geschenkt. Sie hat sich sehr gefreut und ein paar Geschichten zu den Motiven erzählt. Es ist schön, etwas von Bedeutung zu schaffen, immer wieder.
Neulich habe ich angefangen etwas mehr über meinen Beruf und meine Selbstständigkeit zu sprechen, weil ich gemerkt habe, dass es eine ganze Menge Menschen gibt, die sich fragen, wie das eigentlich funktionieren kann, mit der Selbstständigkeit und dieser Tage jeder irgendwie seine Passion zu Beruf machen möchte. Ich hab da lange mit mir gerungen und bin letztendlich eher aus der Not heraus Fotograf geworden, als das es ein geplanter Schritt war. Nach fast 3 Jahren nun, möchte ich gerne meine Erfahrungen teilen. Dieser Post thematisiert vor allem die Fragestellungen, die mir immer wieder begegnen.
Beim Lesen möchte ich dazu einladen, Lars singen zu lassen, denn es ist die Antwort auf alle Fragen.
Risiko
Ich habe eigentlich nie Angst gehabt, plötzlich keinen Job mehr zu haben, oder meinen Lebensunterhalt nicht mehr zahlen zu können. Viel mehr wollte ich aus der Situation mal raus und ein vernünftiger Erwachsener werden, um den sich die Eltern keine Gedanken mehr machen und der sich völlig selbstständig in der Welt der Erwachsenen bewegt. Diesen Status zu verlieren, hat mir mehr Sorge bereitet, als die tatsächlichen Auswirkungen der Mittellosigkeit. Was das angeht, war ich irgendwie immer optimistisch und mutig. Irgendwie wird sich das schon regeln und das tat es bisher auch immer. Gefühlt habe ich in meiner Selbstständigkeit mit weniger Risiko umzugehen, als noch als Angestellter in Werbeagenturen, da ich den Erfolg meines Business vor allem selbst gestalten kann. Niemand wird mich kündigen, weil ein großes Budget abgezogen wurde. Ich suche mir die Nische, in die ich passe und für die ich die besten Produkte produzieren kann. Es geht nicht mehr darum einer Vorstellung zu entsprechen, sondern mehr darum sich frei zu bewegen und den Ort zu finden, der passend ist. Mit zunehmender Erfahrung definiert sich bei mir auch dieser Ort immer mehr. Das Risiko sinkt. Nächstes Jahr möchte ich umziehen und dann hätte ich ohnehin mir eine neue Anstellung suchen müssen. Auch das ist ein Risiko, aber es ist eines in jedem Fall. Jede Veränderung ist ein Risiko, aber mir macht es Spaß damit umzugehen und Lösungen zu finden.
Work-Life Balance
Mein Vater sagt immer: „Selbst und ständig“. Damit hat er recht und genau genommen mag ich das. Ich kann arbeiten wann ich möchte und wo ich möchte. An einem Sonntag kann ich genauso arbeiten, wie Mittwoch um 23:39Uhr. 40% meiner Arbeit sind Postproduction, Recherche, Konzeption, Kommunikation und all das, kann ich fast überall erledigen. Ich bin nicht örtlich gebunden. Meine Lebensqualität hat sich enorm gesteigert und meine Freizeit konzentriert sich nicht nur auf das Wochenende. Ich weiß noch gut, wie ich verschlafen in die Agentur kam, weil ich bis spät in die Nacht Filme entwickelt habe, oder wie ich frustriert war, weil ich mich sonntags wieder in einen Leihwagen setzen musste, um den Ort zu verlassen, an dem ich nun mal lieber war. Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch und ich schaffe mir meine Freiheiten.
Was man unbedingt beachten sollte.
Vorbereitung – man sollte wissen, was man da tut und wie der Markt funktioniert. Wenn man an den Markt geht, sollte man ein sehr gutes Produkt haben und es auch verkaufen können. Das bedeutet, dass das Portfolio so gut es geht auf den Kunden ausgerichtet sein sollte, aber darauf gehe ich gleich noch ein.
Organisation, Buchhaltung, Planung, Werkzeuge all das muss gut funktionieren und ihr solltet da Bescheid wissen. Gerade die langweiligen Dinge, wie Buchhaltung gebt ihr entweder komplett an einen Dienstleister ab, oder und vermutlich müsst ihr das, um Kosten zu sparen, macht sie gewissenhaft selbst und das regelmäßig. Wenn ihr plötzlich ein Angebot schreiben müsst, was einfach euren Traumjob skizziert, solltet ihr wissen, wie das geht. Es reicht nicht, dass man das am Ende fotografieren kann, sondern alles muss auf hohem Level laufen. Sorgt dafür, dass ihr die nötigen Werkzeuge habt und gute Kontakte, die euch beraten.
Entwickelt euch weiter. Sorgt dafür, dass ihr aktuell top Leistung bringt, aber im Kopf könnt ihr ruhig schon ein bisschen beim nächsten Schritt sein. Man muss da hungrig bleiben.
Investition ins Equipment
Wenn es ein Foto machen kann, reicht es, sag ich gerne, aber so einfach ist das natürlich nicht. Kunden haben schon einen technischen Anspruch, aber in den meisten fällen, ist der geringer, als der eigene. Wichtiger ist es, da als Dienstleister und Mensch zu überzeugen, als etwas um den Hals baumeln zu haben, was 4.000€ kostet. Große Produktionen sind ohnehin gut planbar, so dass man nicht gleich aus der Haustür stürzen muss und man kann seinem Kunden die Rent-Preise einfach in Rechnung stellen. Man muss also da nicht unbedingt groß investieren. Es gibt genug, die nur eine Kamera und ein 24-70mm Objektiv zuhause haben und mancher nicht mal das. Statt in teure Hardware zu investieren, sollte man immer in die Arbeit investieren. Reisen, Portfoliostrecken fotografieren und dafür das Geld raushauen. Die Leica kauft ihr euch später, wenn alles läuft. Grundsätzlich sollte man aber schon wissen, welchen Anspruch der Job an die Hardware richtet. Eigentlich ist da nur die Werbung extrem picky und alles andere läuft eh, wenn das Motiv überzeugt.
Erfahrungen mit Kollegen
Ich denk mir ja immer, die müssen doch auch alle die gleichen Probleme haben und eigentlich sitzen wir im gleichen Boot, haben die selbe Passion. Wir sollten doch Brüder im Geiste und Herzen sein, aber das ist es oft ganz und gar nicht. Fotografen haben Egos, Fotografinnen auch und viele haben ständig die Sorge, dabei ertappt zu werden, dass sie das eigentlich gar nicht richtig können, weil sie mehr so ein One-Trick-Pony sind. Deswegen möchten sie gerne als größer, bedeutsamer und arroganter auftreten, als du und deine Freundlichkeit prallt gerne an ihnen ab. Ernsthaft über die Arbeit sprechen möchte man nicht, Kritik, Hinweise und Hilfestellungen sind sehr verpönt, aber ich versuche es immer wieder, denn das Miteinander ist am Ende wertvoller. Ich bin da, wo ich heute bin, weil es auch Fotografen gibt, die teilen, helfen und unterstützen. Zu dieser erlesenen Gemeinschaft möchte ich auch gehören und darum schreibe ich das hier alles auf. Wenn man keinen Quatsch erzählt und das Herz am rechten Fleck trägt, dann werden die, auf die es ankommt, einen nie abweisen und sich die Zeit nehmen, die es braucht. Das sollte man selbst auch tun und schon hat man ein wunderbares Netzwerk, was miteinander und nicht gegeneinander arbeitet.
Akquise
Wie man an Jobs kommt, ist sehr vom Bereich der Fotografie abhängig, in dem man sich aufhält. Willst du Werbung machen, brauchst du ein ordentliches Portfolio, was genau auf die Kunden abgestimmt ist, für die man gerne arbeiten möchte. Mit der Mappe geht man dann zu Mappenterminen, stellt sich Art Buyern vor und bekommt so auch gutes Feedback, was man noch verändern muss. Davor sollte man sich nicht fürchten und ruhig mal alles abgrasen, wenn man ein solides Portfolio zusammenfotografiert hat.
Hochzeiten laufen über Empfehlungen, Google, oder weil man jemanden kennt, der einfach zu viele Anfragen erhält. So bin ich da ganz gut reingerutscht und konnte mir ein schönes Portfolio fotografieren. Man muss das irgendwie hinkriegen, mal so eine Saison regelmäßig eine Hochzeit fotografiert zu haben und danach hat man an sich ein schönes Portfolio zusammen, um im nächsten Jahr sich gut aufstellen zu können. Hier gilt, genau wie überall, die Arbeiten müssen überzeugen und man muss ein Gefühl für eure Person bekommen. Es hilft nichts, genauso zu klingen, auszusehen und anzubieten, wie der Mitbewerber. Warum ihr, das ist hier wohl die wichtigste Frage.
Magazin, Verlage, die Presse im allgemeinen ist ein sehr eigener Verein. Im besten Fall gibt es eine Bildredaktion. Da kann man dann einen Mappentermin machen. Im schlimmsten Fall, kann man sich nur an einen desinteressierten Chefredakteur wenden und irgendwie seine Aufmerksamkeit gewinnen. Das gelingt, oder es gelingt eben nicht. Auch hier gilt, je besser man da jemanden kennt, desto einfacher ist es mit seiner Arbeit zu überzeugen.
Am Ende baut sich bei mir bisher alles darauf auf, dass ich jemanden kenne. Jobs kommen über Freunde und Bekannte. Irgendwer hat mal jemanden meinen Kontakt gegeben und dann klingelt hier das Telefon. Meine Akquisebemühungen werde ich erst im neuen Jahr wirklich starten, weil mein Portfolio nun auf einem Stand ist, wo man bei dem einen oder anderen wirklich mal anklopfen kann. Ich bin darauf gespannt. Bis dahin bin ich einfach weiter ein guter Kerl und erzähle jedem ambitioniert und enthusiastisch von meiner Arbeit. Ich hab immer ein paar Bilder auf dem Handy, gerne das aktuellste Projekt und versuche vor Begeisterung zu strahlen, während ich sie präsentiere.
Aufkleber könnt ihr euch schenken, denn die Entscheider, die euch bezahlen sind nicht 16, aber eine Visitenkarte mit einem Bild auf der Rückseite, was jeden anspricht und zu dem ihr ne gute Story habt, funktioniert wirklich großartig.
Portfolio
Das Ding muss überzeugen. Es muss der beste Scheiß sein und ihr müsst dafür weit gegangen sein, hart gearbeitet und euren Preis bezahlt haben. Da steckt alles drin, was ihr habt, Liebe, Herzblut, Seele und euer Erspartes. Es ist schwer, aber auch gleichzeitig sehr leicht, dafür Strecken zu fotografieren. Sie müssen auf hohem Level produziert sein, aber ihr könnt tricksen, wo ihr nur könnt. Da steht ja kein Kunde daneben und alles ist erlaubt, damit es perfekt aussieht. Perfekt bedeutet hier aber nicht immer groß und teuer. Es müssen gute Arbeiten sein, die vor allem nah an den Jobs sind, die ihr tatsächlich fotografieren wollt. Ein „for Red Bull“ hilft euch da übrigens herzlich wenig. Macht euch nicht größer, als ihr seid. Holt euch Feedback von denen, die tatsächlich größer sind, oder auf Kundenseite arbeiten und am Ende heißt es, „kill your Darlings“. Gerade das fällt mir am schwersten und ich geben den Schritt gerne mal ab und frage jemanden, der mehr Erfahrung darin hat. Man muss nicht zwingend Model buchen, aber es hilft schon sehr gute Leute und nicht nur die eigenen Freunde vor der Kamera zu haben. Ein Bild lebt vom Motiv und gerade im Portfolio sollte das einfach das beste Motive sein, was ihr auftreiben könnt und wie gesagt, hier ist alles erlaubt. Am Ende sollte es eure Handschrift tragen. Ihr müsst euren Stil gefunden haben und nicht mehr nur kopieren. Strengt euch an!
Social Media
Manchmal gucken Privatkunden gerne mal auf die Like-Zahlen, bevor sie euch für eine Hochzeit anfragen, weil sie eigentlich total ratlos sind, woran sie denn nun festmachen sollen, wer ein guter Dienstleister ist. In anderen Bereichen passiert das eher selten, auch wenn ich es ein paar mal gesehen habe, dass sich Fotografen, die für mich eher Künstler sind als Dienstleister, sich in die Influencer-Schiene gerettet haben. Aktuell gilt, in Zusammenarbeit mit Social Media Agenturen, die Reichweite immer noch als höchstes Gut, was sie ihren Kunden verkaufen können. Auch wenn in Gesprächen mancher Agenturmitarbeiter erzählen da gerne andere, zielgerichtetere Konzepte fahren zu wollen, haben es die Werbekunden noch nicht wirklich begriffen. Wer also auf Unterstützung bei Projekten hofft, oder glaubt Geld mit seinem Instagram-Account verdienen zu können, schaut dass er da ordentliche Followerzahlen jenseits der 25.000 erreicht, die natürlich nicht gekauft sein sollten. Das soll mit schönen Mädchen sehr schnell und gut gehen. Dann gibt es ein bisschen Spielgeld und viele Anfragen für Produktplatzierungen. Das sind dann gerne auch mal Babywindeln, obwohl ihr kein Kind besitzt. Social Media ist das Sparmenü der Werbebranche. Schnell satt werden für wenig Geld. Das muss nichts schlechtes sein, aber bisher scheint es mir, als wolle die Branche weniger den Künstler unterstützen, oder gar mit dem Zusammenarbeiten, sondern viel mehr noch mal eine Produktplatzierung erreichen. Es gibt auch schöne Projekte, aber die sind selten und der Weg dahin lang.
Warum sollte man nun also Bemühungen in dieses Ding mit dem Internet stecken? Na ja, wegen den Miteinander, den Dingen die man in ihrem Wert nicht in einer Zahl messen kann. Alles Gute, was mir dieses ominöse Internet gebracht hat, waren Austausch und das voneinander Wissen. Jobs kamen darüber, weil jemand mich kannte und der Kontakt über das Internet zustande kam, meist Jahre vorher, oder jemand folgte meinen Accounts und empfahl mich, weil er mich für die beste Wahl hielt. Social Media ist ne Art Schrotflinte. Man weiß nie, was man wirklich trifft und man hält einfach blind drauf. Ich für meinen Teil versuche zu zeigen, was ich gerade mache und meine Crowd mit aktuellen Arbeiten zu bespielen. Gleichzeitig soll man ein Gefühl für meine Person bekommen. Viel wichtiger ist dann aber das Netzwerken für mich auf diesem Wege. Ich komme aus einer Kleinstadt und das Internet hat für mich immer die Welt bedeutet. Nie war es so einfach, mit jeder Person auf der Welt, so schnell in Kontakt zu treten. Das nützt mehr, als meine 15.000 Follower zu haben und keinen davon zu kennen.
Assistenten / 2nd Shooter
Ich fotografiere ab und an Hochzeiten mit meinem guten Freund Daniel zusammen. Das sind dann aber Jobs, bei denen ich der zweite Mann bin. Ich würde gerne mit Assistenten arbeiten, alleine schon weil es mehr Spaß macht, aber das geben die Budgets oft nicht her und am Ende ist es auch nicht notwendig. Meine Sets sind klein und schnell aufgebaut. Alles was ich brauche, kann ich alleine tragen und irgendwie habe ich schon immer mehr gewollt, als nötig war. Darum packe ich eh so, dass ich es alleine schleppen kann. Anfangs dachte ich nämlich, wenn die Tageszeitung mir nur 20€ für’s Bild gibt, dann soll es wenigstens nach großem Kino aussehen. Wenn ich Zeit hatte, habe ich dann auch mal einen Porty mit schönem 2m-Schirm aufgebaut, um einen Müllwerker zu portraitieren. Grundsätzlich bin ich nämlich der Meinung, dass man immer das beste Bild produzieren sollte und das ist nun mal immer das, was man selbst gerne sehen möchte.
Zu assistieren kann aber ein wunderbarer Weg sein zu lernen und ein Netzwerk aufzubauen.
Mein Kundenstamm
Ich hab schon für fast jede Art von Kunden gearbeitet. Das waren Kollegen, die selbst einen Job nicht wahrnehmen konnten. Da war ich dann unter anderem Namen unterwegs, um jemanden aus der Patsche zu helfen. Agenturen, Mittelstand, Filmproduktionen, Hochzeiten, nur einen Babybauch habe und werde ich nie fotografieren. Das können andere eben einfach besser als ich. Meine Jobs sind selten fancy, auch wenn man immer versucht, es so aussehen zu lassen. Selten gibt es bei mir Wrap-up-Dinner und in Südafrika überwintere ich auch nicht, obwohl das sehr klug ist. Im Januar und Februar passiert eh sehr wenig und da kann man wunderbar an seinem Portfolio arbeiten, während man in Deutschland es schwer hat, Lifestyle zu fotografieren. Ich bilde mir ein, ein bisschen entspannter sein zu können, weil ich nicht nur das eine fotografiere, oder mir Hochzeiten zum Beispiel nicht zu dumm sind. Die machen nämlich 30% meines Jahresumsatzes aus und sind sehr dankbare Jobs. Wenn der Rest mal nicht mehr funktionieren sollte, sehe ich einfach zu da ein bisschen mehr Hochzeiten zu fotografieren. Früher habe ich übrigens mal behauptet, wenn alles nicht mehr läuft, kann ich immer noch Hochzeitsfotograf werden. Heute ist das meine Exitstrategie. Man darf das alles nicht zu ernst nehmen und sollte machen, worauf man Lust hat. Nur die Portfolios müssen immer schön sauber aufgebaut sein. Das für die Hochzeitsfotografie habe ich übrigens komplett ausgegliedert.
Mein Tagessatz
…liegt aktuell bei 800,00€. Sollte ich mal mehr als 4h anreisen müssen, berechne ich einen Reisetag mit 150€. Verwertungsrechte habe ich ein paar mal kalkuliert und danach nie wieder etwas von dem Kunden gehört. Dabei spielt es keine Rolle, ob man die Vorgaben von Branchenverbänden nutzt, oder sich selbst eine bequeme Zahl ausdenkt. Kunden, die es nicht gewohnt sind, für die Verwertung extra zu zahlen, erwarten dass das mit eurer Zeit schon abgegolten ist. In NRW sind 100,00€/h schon oberste Preisklasse. In München bist du damit Durchschnitt und manchmal so gar ein Schnapper. Da muss man aufpassen und sich vorher informieren, bevor man sein Angebot abgibt. Bei kleineren Produktionen berechne ich die Nachbearbeitungszeit manchmal nicht. Das dem Kunden zu erklären, würde manchmal länger dauern, als das LR-Preset anzuwenden. Am Ende versuche ich nicht zu gierig zu sein. Es gibt einen Unterschied zwischen hungrig sein und Gier.
Ich habe mit Sicherheit etwas vergessen und ihr seid weiterhin eingeladen zu fragen, Feedback zu geben und euch mit mir zu unterhalten. Das Miteinander ist wichtig!
Im Prolog habe ich erzählt, wo ich herkomme. Nun möchte ich davon erzählen, wo ich denn nun bin und was mich eigentlich motiviert hat, hier anzukommen. Auch würde ich gerne verraten, wie ich arbeite. Damit meine ich nicht, welche Software, oder Hardware ich benutze, sondern wie ich Projekte angehe. Ich möchte das gerade deswegen tun, weil es sehr viele gibt, die vor der großen Frage stehen, wie sie das für sich angehen können und möglicherweise hilft es.
Motivation
Vielleicht hängt das mit meinem Charakter zusammen. Wenn mir etwas gefällt, dann möchte ich unbedingt herausfinden, wie das geht und darin gut werden. Ich mag auch große Emotionen, große Gesten, perfekte Soundtracks zu perfekten Momenten. Ben meinte neulich, ich bin ein Romantiker. Vielleicht bin ich das. Ich habe nie darüber nachgedacht, ob ich etwas bin oder nicht. Lange konnte ich mich nicht mal damit anfreunden Fotograf zu sein. Ab wann ist man das nämlich und ab wann ist man dann etwas anderes, was man vorher war vielleicht nicht mehr?
Ich habe mich immer umgesehen und war neugierig. Meine Umgebung schien voller Geschichten zu sein und ich freute mich, wenn ich die entschlüsselte, ohne daran teilzunehmen. Früher war ich eines von den schüchternen Kindern, müsst ihr wissen. Möglicherweise kommt meine Liebe zu Beobachtung daher. Nach dem Abi war ich ein bisschen ziellos unterwegs und sah meine Zuflucht in allem, was kreativen Output lieferte. Heute sage ich gerne, ich hatte damals mein KreaTIEF. Ich hatte Zeit und war frei. Na ja, frei vielleicht nicht wirklich, denn ich hatte natürlich kein Geld. Als ich dann die Grenzen dieser Beschränkung für mich auslotete, bemerkte ich, dass das eine spannende und wichtige Zeit werden würde. Ich wollte das dokumentieren, was da vielleicht bald stattfinden würde und so schnappe ich mir das Sparbuch, was meine Eltern für meine Zukunft angelegt hatten und kaufe so eine Preisleistungs-Testsieger-Bridge-Camera von Fuji. Ich handelte ein Ausstellungsstück runter und hatte nun meine Kamera. Dann stieg ich in mein Auto und fuhr dahin, wo ich mich vor der eigentlichen Frage, wie denn mein Berufsleben einmal aussehen soll, so gut verstecken konnte. Von den Bildern, die ich damals machen wollte, blieb nicht viel über. Entweder waren sie belanglos, oder ich hatte die Kamera und die Fotografie als solches noch nicht mal im Ansatz begriffen. Das sollte erst später passieren. Mein Interesse war jedenfalls geweckt.
Ich hab dann doch irgendwie Medieninformatik studiert und im ersten Semester gab es eine Vorlesung „Digitalfotografie“. Wir sahen uns War Photographer an und der Dozent erzählte allerhand zur Geschichte der Fotografie. Langsam begriff ich, wie das eigentlich funktioniert und die Sache mit der Technik dahinter, hatte ich auch verstanden, dachte ich zumindest. Für die Prüfungsleistung fotografierte ich auf der Straße und Street Photography schien mich am meisten anzuziehen. Das ich mir damit gleich eines der schwierigsten Themengebiete ausgesucht hatte, war mir nicht klar und beschreibt vielleicht meinen Respekt vor einer Aufgabe. Wenn ich motiviert bin, dann scheint mir vieles erreichbar, aber leider nur dann. Zu der Zeit kam auch Control von Anton Corbijn heraus und ich las einen Artikel über ihn. Seine Portraits haben mich so beeindruckt, dass ich das auch machen wollte. Genau so! Die Fähigkeit Bilder auseinanderzunehmen und dahinter zu kommen, wie sie fotografiert wurden, was für das Motiv wichtig ist und überhaupt, dass man am Ende seinen eigenen Stil finden muss, war mir damals noch nicht gegeben. So mochte ich Corbijns Bilder, aber knipste nur so vor mich hin, das aber mit Anspruch und wild entschlossen besser zu werden.
Immer häufiger passierte es, dass ich wirklich stolz auf ein Bild war. Es waren aber nur zufällige Erfolge, die meine Motivation aber gewaltig anstachelten. Ich traute mich aber nicht, tatsächlich viel dafür zu tun und eben Fotograf zu werden. So fotografierte ich Freunde, Familie und weiter die Straßen einer Kleinstadt. Eines Tages war ich kurz in Berlin und habe so viele gute Street Shots mitgebracht, dass ich beschloss zu bloggen. Bloggen war damals gerade so ein Ding und ich war schon etwas zu spät dafür dran, eigentlich. Ich begann ein Netzwerk aufzubauen und aus der Kleinstadt zumindest digital zu entfliehen. Ich wollte Feedback, Input, all das, was mir fehlte, weiter zu wachsen. Ich bekam es in Kleinstrationen.
Später, ich arbeitete mittlerweile in einer Werbeagentur und war nach Aachen geraten, begann ich wirklich ernsthaft zu fotografieren, zumindest aus heutiger Sicht. An einem Sonntag fand ich beim Frühstück Camerabag-TV. Das hat mich so unendlich motiviert und mit etwas Budget ausgestattet, fotografierte ich fast 1 Jahr lang auf 35mm Film. Später kam Rollfilm dazu und ich besaß plötzlich 12 Kameras. Das ist kein Garant für Ernsthaftigkeit, aber war ein prima Kompensationsmotor für die fehlende Zeit. So ein 9-5 Job schränkt schon ziemlich ein, wenn er sich so selten mit dem beschäftigt, was einen eigentlich viel mehr interessiert. Wie ich mich ausrichten sollte, wusste ich aber immer noch nicht. Ich begann viel zu kopieren, fotografierte aber immer noch nur in meinem näheren Umfeld.
Das hat sich erst dann geändert, als ich begann Pläne zu schmieden und mal wirklich konkret darüber nachzudenken, was es denn braucht, um ein gescheites Portfolio zu besitzen. Schließlich brauchte ich eines, denn der Agenturjob war weg und ich konnte mir nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu machen. Ich war auch irgendwie zu komisch ausgebildet und hatte zu viel verschiedenes schon gemacht. Das verstand keiner und alles kann man nun wirklich nicht gut können, das ist dann selbst mir klar, auch wenn ich es immer versuchen würde. Ich begann mir Feedback zu holen und alle anzusprechen, von denen ich begeistert war und die mir erreichbar schienen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich da eine Feedback-Quote von 2/3 erreichen würde und ich plötzlich mit den Leuten telefonieren würde, die ich da zaghaft angeschrieben habe und mir wurde klar, wo ich eigentlich stand. Es hat dann noch ein Jahr gedauert, bis ich wirklich ernsthaft bei diesem ganzen Spiel mitmischen konnte.
Das war ein langer Weg, aber man kann ich schneller gehen. Wenn man weiß, wo man hin möchte und die richtigen Menschen anspricht und einfach nach dem Weg fragt. Darum schreibe ich das hier gerade auf. Ich möchte, dass man aus meinen Fehlern lernen kann. Ich sage zwar immer, dass ich entschlossen war, aber ich war anfangs nicht entschlossen genug, um wirklich daran zu arbeiten. Ich war zu bequem und wusste gar nicht dieses große Ganze für mich aufzuschlüsseln. Ein wenig Führung hätte mir da gut getan, aber ob eine Ausbildung, oder Studium in der Hinsicht mir da geholfen hätten, weiß ich auch nicht.
Aber eigentlich wollte ich ja von meiner Motivation erzählen. Die Arbeiten anderer motivieren mich. Wenn ich durch sie eine Welt sehe, die ich spannend finde, dann möchte ich für mich selbst eine eigene Welt mit diesem grad an Spannung entdecken. Ich möchte Menschen fotografieren und ich möchte sie dadurch ein Stück begreifen. Fotografie ist für mich manchmal das Meer, was mich mit seinen Wellen auf eine Insel zutreibt, die ich alleine nie gefunden hätte. Ich komme an Orte, begegne Menschen und sehe viel mehr, als ich mir damals in der Kleinstadt, in der ich geboren wurde, je hätte vorstellen können. Das motiviert mich daran am meisten.
Beruflich habe ich gelernt, dass alle Jobs mir grundsätzlich die Möglichkeit dazu geben. Es gibt Jobs, die ich ablehne, aber das meistens aus dem Grund, dass sie zu schlecht bezahlt werden, oder es einen besseren Dienstleister dafür gibt. Wenn ich mich langweile, weil ich zahnmedizinische Werkzeuge fotografieren muss, dann kann dabei nichts rauskommen. Wenn ich nun aber Mitarbeiter fotografiere, oder damals mich eine Tageszeitung zu den Aufbauvorbreitungen eines Schützenfestes schickte, dann hat mich das bisher immer gelehrt, dass ich dort auf Menschen treffen kann, die mir eine Geschichte und ein Bild liefern, was mein Bedürfnis erfüllt etwas von er Welt zu sehen. Es ist nicht Venice Beach, aber von alleine wäre ich doch an den meisten Orten auch nicht gelandet. So habe ich viel gelernt, über die Welt, die Menschen und über mich. Nichts anderes wollte ich.
An diesem Punkt beschließe ich, das alles noch mehr aufzuteilen. Ich werde noch Texte zur Akquise, Portfolios, meinen Workflows, Social Media, bzw. Marketing im Allgemeinen schreiben. Schreibt mir einfach, was euch interessiert, worauf ich eingehen soll. Ich versuche es mit zu verarbeiten.
Manchmal scheine ich etwas relativ selbstbewusstes auszustrahlen, so dass mancher mit etwas mehr Fragen im Kopf zu mir kommt und mir seine Ratlosigkeit offenbart. Ich kenne diese Ratlosigkeit, denn an dem Punkt war ich auch mal und manchmal kehre ich auch heute noch dahin zurück, um dann aber immer schneller wieder auf Kurs zu kommen. Ich habe Werkzeuge gefunden, die mir helfen schneller meine eigenen Fragen zu beantworten und Entscheidungen zu treffen. Das hat oft sehr viel damit zu tun, dass ich einfach jemanden Frage, der schlauer ist als ich, oder sagen wir mal, die Erfahrungen schon gemacht hat, die mir noch bevorstehen. So hole ich mir immer wieder eine Portion Rat ab und wachse damit. Mittlerweile stehen aber auch ab und an ein paar Leute vor mir und holen sich ihre Portion Rat bei mir. Da sich ihre Fragen oft ähnlich sind und man dort Tendenzen absehen kann, habe ich überlegt einfach mal so ein paar Antworten aufzuschreiben, damit es noch mehr Leuten hilft und vielleicht auch etwas Einblick gibt, was ich hier so eigentlich mache und dass das nicht so fancy ist, aber mir sehr viel bedeutet. Also, es geht los!
Prolog
Es ist wichtig den Beginn der Geschichte zu kennen, um das aktuelle Kapitel zu verorten. Ich habe in Werbeagenturen gearbeitet und dort alles mögliche gemacht. Grafikdesign, UX/UI Design, Community Management, Motion Design… Ach fast alles irgendwie. Das hatte sich immer so ergeben und irgendwie kann ich das ja auch alles, aber nicht so gut, wie eben Fotografieren. Das liegt daran, dass ich darin immer mehr Mühe und Zeit gesteckt habe. Die Selbstständigkeit habe ich immer als großes Risiko gesehen, aber nachdem ich gemerkt habe, wie schnell man aus einer Festanstellung auch wieder raus sein kann und wie wenig einem vom niedrigen Gehalt bleibt, da fand ich die Selbstständigkeit nicht mehr so risikoreich, zumindest nicht im Vergleich.
Ich war gerade gekündigt worden und konnte es mir gar nicht mehr vorstellen, in der nächsten Agentur anzuheuern, um dann wieder nicht den Vorstellungen der Geschäftsführung zu entsprechen, die in mir irgendwie immer eine Output-Maschine für effekthascherische Beeindruckungswerke gesehen hat. Der Duhme, der bringt uns die Jobs. Der kann doch all so fancy Zeug. Das man aber auch gescheite Konzepte braucht und mit Tiefe und Inhalt genauso überzeugen muss, war dann immer etwas, dass ich zwar einforderte, aber damit auch ziemlich allein da stand. Hier wird es nämlich plötzlich schwierig und ein reines „mach mal“ reicht nicht mehr. Man muss gemeinsam daran arbeiten und Input liefern, recherchieren und konzipieren. Das wollte ich nicht schon wieder erleben, um dann wieder zu enttäuschen und eben nicht die Lösung zu sein. Als ich heim fuhr und so über meine Zukunft grübelte, rief mich ein sehr guter Freund an und ohne es zu wissen, lieferte er mir die Lösung, um erstmal nicht zum Amt gehen zu müssen. Ich war plötzlich Freelancer und einer meiner ersten Jobs war es eine Timelapse Sequenz für einen Werbefilm zu fotografieren. Es war eine große Produktion. Ich schlug mir 2 Nächte um die Ohren und sah die Sonne zweimal hinter einem LIDL-Supermarkt aufgehen. Das war irgendwie besser, als jeden Tag am gleichen Schreibtisch zu sitzen und irgendwas aus dem Nichts schaffen zu müssen. Danach kamen über alte Bekannte weitere Jobs, die nicht so groß und fancy waren, aber es mir ermöglichten erstmal weiterzumachen.
Ich begann mir Ziele zu stecken und Bereiche auszuloten, wo ich gerne aktiv werden wollte. Erstmal musste ein regelmäßiger Cashflow her. Der brauchte nicht groß sein, aber zumindest die Fixkosten decken, wäre gut und klug, dachte ich. Ein Jahr zuvor hatte ich viel Einblick in die Arbeit der Pressefotografen der örtlichen Lokalredaktionen erhalten und die netten Fotoonkel, die manchmal gar nicht so nett sind, schienen mir da eine recht einfache und planbare Arbeit zu verrichten. Man muss nur gewissenhaft und effektiv arbeiten, ein bisschen den Überblick behalten und gut mit Menschen können. Fotografisch war ich da eh überlegen, dachte ich. Bringt mich in einen Raum mit einem Chefredakteur und ich hab den Job sofort, nahm ich an. Ich begann also eine Mappe zusammenzustellen, die sich genau darauf auslegte. Plötzlich hatte ich dann wirklich so einen Job und fotografierte in Neuss für die Westdeutsche Zeitung. Die Lokalredaktion sollte geschlossen werden und irgendwie sind denen gleich alle Freelancer abgesprungen. Sechs Wochen Redaktionsniedergang, weil ich wieder mal wen kannte und im richtigen Moment an mich gedacht wurde. Das ist etwas, dass sich noch als sehr wichtig herausstellen sollte.
Ich hatte gerade meinen zweiten Tag hinter mir, als man in mein Auto einbrach und alles klaute, was ich für diesen Job brauchte. Ich hatte noch etwas Geld, aber ohne meine Familie hätte ich an diesem Punkt einpacken können. Ich habe an diesem Tag etwas wichtiges gelernt. Auch wenn es nach einer Katastrophe aussieht, bist du noch nicht aus dem Spiel, solange du noch jemanden um Hilfe bitten kannst. Dieser Vorfall hat mich mutiger werden lassen. Ich brauchte die restlichen Wochen bei der Zeitung hinter mir und hatte meine Mappe zusammen. Im Nachhinein muss ich aber sagen, habe ich noch etwas anderes, vielleicht wichtigeres mitnehmen können. Ich habe gelernt schnell und präzise zu arbeiten und so Geschichten in möglichst wenig Bildern zu komprimieren. Ich habe auch gelernt, wie man mit Menschen umgeht, sie zur Mitarbeit bewegt und schnell aktivieren kann. Allein ist man nämlich eigentlich hoffnungslos verloren. Das sollte man bedenken und üben etwas charmant und verständlich zu fragen, aber vor allem Dankbarkeit auszustrahlen.
Nun hatte ich alles beisammen, um dorthin zugehen, wo ich mir gute Chancen ausmalte. Ich wusste was dort nicht gut funktioniert. Ich hatte meine Arbeiten und habe in meinem Leben noch keine so gute und auf den Job perfekt abgestimmte Bewerbung verfasst. Ich schickte sie ab und nichts passierte. Keine Reaktion, kein Nein, kein Ja, kein „Ich habe keine 10 Minuten, um mit Ihnen zu sprechen!“. Ich war desillusioniert. Es war doch alles so perfekt. Statt beharrlich und direkt zu sein, beschloss ich noch perfekter zu werden. Weihnachten stand vor der Tür und ich machte ein kleines Buch fertig, was eigentlich nur dazu dienen sollte, genau eine Person von mir zu überzeugen und ihr eine Reaktion abzuverlangen. Ich bin mir sehr sicher, dass dieses Buch mit seinem sehr konkret formulierten Anschreiben bei der richtigen Person gelandet war. Keine Reaktion. Ich weiß bis heute nicht, woran es lag, aber ich beschloss jetzt eingeschnappt zu sein und nie für diesen Mann zu arbeiten. Stattdessen ging ich zur direkten Konkurrenz, bekam bei allen Termine und danach Jobs. Ich merkte, dass manche einfach offener sind und Chancen sehen und verwandeln können. Ich verstand auch, dass man seine Energie nicht an die verschwenden sollte, die einfach nicht wollen, sondern auch woanders das tun kann, was man möchte und das oftmals so gar noch besser.
Weitere Jobs kamen durch Bekannte und Freunde. Akquise machte ich kaum und wenn beschränkte sich die darauf das eigene Portfolio runder zu gestalten. Hier holte ich mir Hilfe und begann alle zu Fragen, deren Arbeiten ich großartig fand und die ich erreichen konnte. Das war eher aus eine mutigen Gemütslage heraus entstanden, aber plötzlich merkte ich, dass man mich ernst nahm und bereit war mir zu helfen. Alleine kommt man nämlich nur genau so weit, wie man eben sehen kann. Es geht nur mit und durch andere, über den eigenen Horizont hinauszuwachsen. Erfahrungen zu sammeln und sich Feedback zu holen, sind die Schlüsselpunkte, um zu wachsen.
Dank einiger wirklich guter Leute, die sich ihr gutes Karma genauso verdient haben, wie meine Wertschätzung, habe ich begonnen möglichst viel zu fotografieren, aber das nicht mehr ungeplant, sondern sehr darauf fokussiert, Lücken im Portfolio zu schließen. Das nimmt übrigens nie ein Ende. Da sitze ich heute noch dran und versuche jede Möglichkeit zu nutzen, mit wenig Aufwand an gute Strecken zu kommen.
Nun sind 2,5 Jahre vergangen und ich bin langsam da, wo ich mich am Anfang gesehen habe. Die Zeit habe ich nur überlebt, weil ich Hilfe hatte und einfach auch nicht aufgegeben habe. Ich bin meinen Eltern unendlich dankbar. Auch meine Großmutter hat mich unterstützt, auch wenn ich sie jedes Mal mit der Kamera nerve, wenn ich bei ihr zu Besuch bin. Es gibt da Daniel Müller, David Daub, Malte Grüner, Ernest Linker, Timo Knorr, Filip Hulok, Marc Huth, Nick Harwart, Yannick Wolff, Lisa Lukas… so viele Freunde, die für mich vor der Kamera standen, so viele Menschen die mir manchmal auch nur mit einer Kleinigkeit geholfen haben, ohne die es am Ende aber nicht funktioniert hätte. Dafür bin ich sehr dankbar.
Bald schreibe ich noch mal ganz genau auf, wie das jetzt bei mir läuft. Vielleicht möchtet ihr mir einen Kommentar schreiben, was da speziell interessiert?
Seit ein paar Wochen fasse ich eigentlich keine andere Kamera mehr an, höchstens die Ricoh GR, weil sie eben in die Jackentasche passt, aber seitdem die Leica M9 hier ist, liegt alles andere rum. Neulich habe ich kurz wieder mit der 6D fotografieren müssen, um nicht völlig aus dem Look zu fallen und an die Arbeit meines Projektpartners Daniel anschließen zu können und dabei ist mir aufgefallen, dass sich ein bisschen was verändert hat.
Ich mache weniger Bilder. Als ich mit Ryan eine Stunde unterwegs war, habe ich rund 100 Aufnahmen gemacht. Es war wunderbar einfach auszuwählen und alles passte so schön auf anhieb. Das war mir auch aufgefallen, als ich mit der Canon 6D wieder gearbeitet habe. Eine andere Sache ist, dass ich mich viel mehr damit beschäftige, was auf einem Bild eigentlich passiert, wie Farben funktionieren und ich am Ende plötzlich eine gewisse Natürlichkeit bevorzuge. Ich habe so gar schon überlegt, einfach nur noch die In-Camera-JPEGs zu benutzen… Kurz, ich fotografiere wieder und klicke nicht Stunden in irgendeiner Software rum.
Erstmal ist die Kamera langsamer, als jedes andere Werkzeug, was man bisher kannte. Man versucht sie zu begreifen und entdeckt dabei herrlich banale, aber großartige Motive.
Man legt sich auf die Lauer und plant das Bild, bevor die Situation entsteht. Es ist eine Mutmaßung, die real wird. Seitdem ich mich viel mit Alex Webb beschäftige, möchte ich das noch weiter ausbauen.
Alle jammern über die geringe ISO-Leistung der M9 und auch die M240 ist eben keine A7s. Ich hatte mich, bevor ich die Leica M9 gekauft habe, oft unterhalten und immer wieder gehört, dass man damit ja nicht arbeiten könne und dachte dann aber an alle, die damit sehr wohl gearbeitet haben und es noch immer tun? Oder was ist mit jenen Tagen, als man auf Film fotografierte und ISO 12.500 eben keine Option waren?
Wenn man sein Hirn nutzt und Motive fotografiert, wo auch Motive sind, kommt man mit der Kamera klar. Sicher ist sie nichts für Werbung, oder andere High-Class-Productions aber in der Reportage, oder auf Hochzeiten sehe ich sie sehr wohl. Am Ende packt ihr doch eh alle Grain drüber.
Man glaubt es nicht, aber dieser schwarze Klumpen wird einfach nicht wahrgenommen. Man kann 1,5m vor einer Person stehen und wird nicht als Bedrohung angesehen. Vielleicht sieht sie zu alt aus?
Meistens stelle ich eine Blende von f8 ein und fokussiere auf 1,5 vor. Dann habe ich am 28mm Ultron eine Schärfentiefe von 1m-5m. Damit kann man gut arbeiten und ist ziemlich schnell.
Ich bilde mir ein, dass die Kamera ein bisschen funktioniert, als würde man eigentlich auf DIA-Film fotografieren. Ich mag die Farben, wie sie kommen und irgendwie hat sie so eine weiche, weniger technische Dynamik. Der Kodak-Sensor liefert seinen eigenen CCD-Look und irgendwie taugt mir der sehr. Ich arbeite eigentlich nur noch mit ein paar Curves, White Balance und der Sättigung. Alles bleibt sehr rudimentär. Der Look kommt vom Motiv!
Die Bilder mit Ryan hätte man eigentlich mit einer anderen Kamera machen sollen, aber die einzige Alternative wäre die Ricoh GR gewesen, denn wir mussten das ein bisschen unentdeckt machen. Das hat auch sehr gut funktioniert und wenn man den Kopf nicht ausschaltet, sondern überlegt fotografiert, kommt dabei eine sehr brauchbare Strecke raus, die auch technisch funktioniert. Ja ok, ein AD hätte jetzt gemeckert, weil er nicht seine 50mp bekommt, aber für’s Portfolio reicht das doch.
Fotografie ist für mich seit je her eine Herzblutangelegenheit. Das ich damit Geld verdiene, ist eher ein notwendiges Übel und wäre es nicht so, bräuchte ich mein Leben keine andere Kamera mehr. Sie hilft mir sehr, mich mehr darauf zu konzentrieren eine eigene Bildsprache zu entwickeln und nicht einfach nur etwas anderes nachzubauen. Leider muss man das aber manchmal, wenn ein Job mit bestimmten Anforderungen daher kommt und so wird wohl die A7 neben der M9 bleiben, aber die Tage der 6D sind wohl gezählt. Ende des Jahres geht sie weg.
Bevor ich München verlassen habe, fotografierte ich noch schnell Ryan. Die Serie gibt es schon im Portfolio zu sehen. Wir mussten ein bisschen sneaky arbeiten und dafür war die M9 genau richtig. Danach bin ich gleich ins Auto und hielt nur einmal kurz für einen schnellen Burger, um dann gleich in einem perfekt dramatischen Sonnenuntergang zu verschwinden. München war gut zu mir.