Abstand tut gut.

Neulich habe ich euch ja erzählt, dass ich mich zu sehr in Prozesse verkopft habe und dass ich da nach einem Ausweg suche. Heute kann ich euch sagen, dass ich auf einem gutem Weg bin, glaube ich zumindest. Nachdem ich mal wieder „richtig“ gearbeitet und auch mal assistiert habe, ist wieder viel Motivation da, um mich an tatsächlichen Strecken abzuarbeiten, statt irgendwelche Farben zu versuchen hinzubekommen. Dennoch habe ich auch ein paar Filme belichtet und habe gerade nicht das Gefühl, dass ich hätte mehr, oder weniger belichten müssen. Vor einem Jahr war ich da noch unglaublich hungrig und wollte fast jeden Tag etwas entwickeln. Es war schon eine Manie, doch im Moment fühle ich mich ausgeglichen. Mal sehen, wie lange das anhält. 😉

Eine Geschichte muss ich euch aber noch erzählen. Na ja, vielleicht werden es auch zwei, oder drei. Mein Lieblingsfotolabor hat einen Noritsu HS 1800 Scanner angeschafft und ich wollte unbedingt ein paar frische Filme durch das Ding jagen lassen, um noch ein bisschen Referenzmaterial für meine Classic Film Presets zu bekommen. Man muss sich ja immer ordentlich Mühe geben, damit die Mutti stolz auf einen ist. Also habe ich mir meine Contax G1 geschnappt und bin ein bisschen durchs Dorf spaziert. Noch immer entdecke ich Straßen, in denen ich noch nie war. Das Licht war gut und ich mag das ganz gerne, mit mir da so allein zu sein. Hier ist auch nie viel los und eigentlich hat man auch nicht das Gefühl, dass man da jemanden auf die Nerven geht. Ich fotografiere ja auch nichts besonderes. Vermutlich finden die meisten Leute die Bilder so gar ziemlich langweilig und werden damit nichts anzufangen wissen. Manchmal weiß ich ja nicht mal selber, was ich mit dem Motiv jetzt sagen wollte. Jedenfalls wuchs da etwas Rasen an einer Bordsteinkante und ein Schatten fiel frech in das Geschehen ein. Das hat meine Aufmerksamkeit geweckt und ich habe dann kurz einige Perspektiven ausprobiert, aber doch kein Foto gemacht. Es war einfach doch nichts, was mich irgendwas fühlen lies, dass den Frame wert gewesen wäre. Als ich so weitergehen will, ruft mir eine Frau aus der Einfahrt auf der anderen Straßenseite rüber, was ich da tue und ob ich das denn dürfte, oder so ähnlich. Genau habe ich sie nicht verstanden und ging dann rüber. Sie fragte dann nochmal was ich denn da fotografieren würde und ich musste etwas lachen, denn ich dachte mir, jetzt haben sie mich mal wieder erwischt, wie ich Trottel da 2 Minuten das Unkraut auf der Straße spannend fand. Nun, wie erklärt man nun, was man da tut und warum das jetzt nicht die schlechteste Ausrede der Welt dafür ist, dass man eigentlich irgendwas Böses im Schilde führen würde? Die gute Dame schien nämlich etwas argwöhnisch und misstrauisch zu sein. Ich hab ihr dann ein paar andere Bilder auf dem Handy gezeigt, die bekanntere Ecken im Ort zeigen und die etwas davon ablenken sollten, dass ich es jetzt auf ihre Nachbarschaft abgesehen hätte. Sie fragte dann, ob ich mich irgendwie ausweisen könnte. Meine Karte wollte sie aber nicht. Der Versuche meine Identität zu belegen, genügte dann doch wieder schon. Auf Nachfrage erklärte sie dann, dass sie mich im Ort ja noch nie gesehen hätte und es wären ja schonmal andere Leute mit dem Auto da gewesen und hätten ein Foto aus dem Auto raus gemacht. Ihr denkt euch beim Lesen jetzt sicherlich, dass das alles sehr irrational ist und schmunzelt etwas. Vielleicht kennt ihr aber auch solche Geschichten, vielleicht nicht so, aber so ähnlich irgendwie. Teilweise werden manche Leute von ziemlich irrationalen Ängsten beherrscht. Meine Dorfkollegin hier, sprach auch direkt davon, dass man ja so viel im Fernsehen sieht, was alles falsch läuft. Leider wollte sie nicht wirklich länger mit mir darüber sprechen, denn als ich so weiterging und darüber nachdachte, fiel mir auf, wie still und leer das ganze Viertel war. 19:30 im Sommer, bestes Wetter und die Häuser sind verrammelt, niemand ist im Garten, der zwar sehr gepflegt ist, aber scheinbar nie genutzt wird. Man hat keine Kinder gehört, niemand saß zum Essen draußen. Ich glaube, in dem Viertel verkriecht man sich im Haus und hat Angst, dass irgendwer kommt und einem das „gute Leben“ wieder wegnimmt. Ein paar Straßen weiter waren dann alle wieder mit ihren Hunden und Kindern spazieren, oder saßen in den Gärten, normale halt. Der Sommer ist ja nun ziemlich vorbei und ich habe jetzt auch den Ort gut abgearbeitet. Nun überlege ich aber, wie ich Leuten die Sorgen nehmen könnte, denn nicht jeder spricht einen vielleicht an? Das man mich merkwürdig findet, ist ja ok, aber ein schlechtes Gefühl soll nicht zurückbleiben. Möglicherweise muss man die Nummer wirklich mal hinterher auflösen und im Ort ein paar Arbeiten zeigen. Ob das dann nur auch verstanden wird? So ganz zu Ende gedacht habe ich das noch nicht. Künftig werde ich aber die Menschen häufiger mal ansprechen, winken, oder freundlich zunicken.

Am gleichen Tag ging dann noch meine Contax G1 kaputt. Gut 10-12 Filme hat sie bei mir gesehen. Die Kamera treibt ja über einen Stangenantrieb den Fokus des Objektives an. Das Objektiv selbst hat keinen Motor. Irgendwas schien erst etwas blockiert und dann drehte der Motor nur noch durch. Ich dachte erst, die Verbindung mit dem Objektiv stimmte nicht, aber es muss etwas im Antrieb selbst verschlissen sein. Wenn die Kamera wenig Kraft benötigt, geht es noch, nur mit entsetzlichen Geräuschen. Eine etwas tiefere Recherche ergab dann, dass der Motor leider sehr unzugänglich verbaut ist. Man muss die ganze Kamera zerlegen und am Ende hat man ja immer noch kein Ersatzteil. Nun machte ich mich auf die Suche nach Dienstleistern, die mir da helfen könnten. Amsterdam Camera Repair hat leider bis heute nicht geantwortet. Die haben vermutlich viel zu viel zu tun. FFS-Tritec aus Braunschweig war dagegen sehr schnell. 3 Tage später war die Kamera bei ihnen und noch am gleichen Tag kam der KVA. Das Bauteil selbst kostet netto 61,95€ und die Lohnkosten liegen bei 217,50€, was völlig legitim ist. Der Aufwand ist halt nicht ohne. Am Ende gibt es eine G1 in sauber, gecheckt, funktionierend und auch dazu noch mit neuem Zählwerkdisplay zurück. Das ist billiger, als zu versuchen, auf eBay eine neue Ersatz-G1 zu bekommen. Gönnt euch so was zukünftig ruhig mal. Wir müssen die Dinger am Leben erhalten. Sie werden nicht weniger und solange es Leute gibt, die reparieren können und wollen, müssen wir so was nutzen.