Meine Spielsachen

Immer wenn ich einen Film von Rossmann abhole und scanne, flute ich damit meinen Instagram Account. Teilweise sind das recht belanglose Bilder, denen ich da eine viel zu große Bühne einräume, aber in den Momenten freue ich mich einfach so sehr über diese Aufnahmen und irgendwann fragt dann halt einer, warum man so viele Kameras besitzt und wieso man überhaupt Filme einlegt, wo doch die digitale Leica auch im Schrank steht. Da ich Fragen oft nicht mit einfachen, kurzen und prägnanten Sätzen beantworten kann, versuche ich es nun hier, komplexer, so wie eben die Welt für mich ist – komplex. (Ist es nicht herrlich, wie oft man im Internet Dinge rechtfertigt, die man ohne Internet einfach nur tun würde?)

Wie bei jeder ernsthaften Betrachtung, müssen wir in die Vergangenheit reisen und schauen, wie alles angefangen hat. Als ich nach dem Studium meinen ersten Job bekam, nach Aachen zog und in einer Werbeagentur arbeitete, viel mir plötzlich auf, dass ich jetzt Geld hatte, Geld um mal eben eine Kamera zu kaufen. Mein neuer Job war nicht unbedingt das, was ich wollte, aber von irgendwas muss man ja leben und während ich mich etwas gestrandet fühlte, stolperte ich über CamerabagTV, eine Interviewserie mit Fotografen, die damals hauptsächlich analog fotografierten und sie alle waren da irgendwie reingeraten, in dieses Fotografieren. Ich habe die paar Folgen verschlungen und begann mich mit den Kameras zu beschäftigen, die sie benutzten. Ich hatte ja jetzt etwas Spielgeld. Eine Yashica T4 war damals schon zu teuer, aber eine T3 kostete 55€. Mittlerweile gibt es das Format aber nicht mehr und nur wenige Schnipsel sind noch zu finden. Frank Ockenfels ist sehr empfehlenswert:

Yashica T3

Die Yashica T3 ist eine ganz wunderbare Kamera. Sie ist robust, soll Staub und Wasser abweisen und das 35mm f2.8 von Zeiss ziemlich ordentlich. Man kann quasi nichts einstellen und sie übersteht nahezu jede menschliche Emotion, die ich ihr zugemutet habe. Wir haben was erlebt und ich gebe sie nie wieder her.

Ich habe mich da richtig reingestürzt. Eine Mamiya M645 gekauft, eine Hexar AF, Yashica 35 Electro GT, Minolta CLE und sehr viel Schwarzweiß fotografiert und auch selbst entwickelt. In der Agentur stand ein Flachbrettscanner mit Durchlichteinheit und so blieb ich dort so gar, wenn ich mal keine Überstunden machen musste. Ich habe ein gutes Jahr kaum mehr digital fotografiert. Ich glaube, ich habe erst jetzt begriffen, warum. Liegt da ein Film in der Kamera, dann stelle ich mir ein Bild erstmal vor. Man will ja keinen Frame verschwenden und so drückt man viel öfter einfach nicht ab, während ich digital oft ein Bild nur aus Langeweile mache, um mich zu beschäftigen. Der Gedanke, es einfach wieder löschen zu können, ohne dass es Folgen hat, lässt einen schon viel Müll fotografieren. Damals war mir das weniger bewusst. Eigentlich wollte ich Fotografie nur mal endlich ernst nehmen, sie mir verdienen, ein bisschen das Handwerk lernen, oder aber davon ablenken, dass ich nicht mutig genug war, zu kündigen und mich mal mehr um mein Lebensglück zu kümmern. Es war aber auch eine Frage des Respekts. Ich wollte mich anstrengen, wenn jemand mir ein gutes Motiv war. Analog zu fotografieren, oder heute eine Kamera ohne Autofokus zu benutzen, ist für mich eben das. Ich mache es mir etwas schwerer, als es sein müsste und nutze den Aufwand, mir ein bisschen mehr Sorgfalt abzuverlangen. Es hilft mir auch, gerade, wenn ich jemanden portraitiere, zu zeigen, dass mir das sehr wichtig ist, was wir da machen.

Na ja, 2013 wurde mal in mein Auto eingebrochen und ich war mittlerweile selbstständig, also seit ein paar Wochen. Dumme Sache, um weiterarbeiten zu können, musste ich alles verkaufen, was man zu Geld machen konnte. Nur die Yashica T3 blieb. Ich habe dann sehr lange nicht mehr analog fotografiert. Erst 2015 hat mir Ben Bernschneider mir wieder Lust darauf gemacht, Filme zu belichten. Zufällig stolperte ich auch über eine Olympus MJU II.

Olympus MJU II

Sie hat mich keine 30€ gekostet und wäre sie nicht so klein, würde ich sagen, dass sie das viele Geld, was man sonst teilweise dafür zahlt, nicht wert ist. Das Ding ist einfach eine Hypekamera, die schon ordentlich arbeitet, aber Wunder kann sie auch nicht vollbringen. Sie ist mir gleich nach ein paar Tagen runtergefallen und das Batteriefach schließt nun nur noch mit Tape.

The Classic Presets

Als ich angefangen habe, an den Classic Presets zu arbeiten, musste ich auch wieder vermehrt auf Film fotografieren. Woher soll man sonst ein Gefühl für den ganzen Kram bekommen. Seit letztem Jahr digitalisiere ich auch wieder selbst. Zuerst mit einem Canoscan 9000f mk II und nun mit einem Plustek OpticFilm 7400. Wenn man etwas sucht und die Ansprüche nicht riesig sind, dann bekommt man mit den Plustek-Scannern schon alles, was man braucht. Ich fotografiere viel Kodak Gold 200, UltraMax 400 und Agfa Vista 400, eben was günstig ist und an dem ich schwer vorbeigehen kann, wenn ich mal wieder einen Film zu Rossmann bringe. Dort lasse ich aktuell noch Farbfilme entwickeln. 2,50€ kostet die Entwicklung und funktioniert für mich sauber. Man hört immer mal wieder, dass die Drogerien einen Film versaut hätten, aber da stehen ja auch Großlabore, wie Cewe dahinter, die bei C41 oder E6 wirklich nicht viel falsch machen können. Nun ja, zuhause scanne ich dann in Ruhe, nachdem ich brav meine 3-5 Tage auf den Film gewartet habe. Das empfinde ich als meditativ und ich habe so gelernt, dass der Film allein nicht den Look bestimmt. Wenn wir ihn digitalisieren, interpretieren wir ihn auch gleichzeitig und so haben Scanner, Software und Methode der Negativumwandlung schon noch mal ordentlichen Einfluss auf das Gesamtergebnis. All das ist wichtig, wenn ich dann meine Classic Presets optimiere, oder an etwas ganz neuem arbeiten möchte. Es gibt auch einige Details und Facetten, die wir niemals digital hinbekommen werden. Nuancen, Farbverschiebungen, die Darstellung von Mischlicht, die sich oft richtiger anfühlen, oder zumindest auch mal visuell überraschend wirken. Ich weiß längst noch nicht absolut, was ich da tue, wenn ich auf Film fotografiere und vielleicht ist es auch das, was mich daran so begeistert.

Geschenke

Wenn man so viel darüber redet, viel zeigt und immer eine Kamera dabei hat, dann bekommt man manchmal auch was geschenkt. Mein Kumpel Alex hat mit eine Konica Pop und eine Minolta X300 geschenkt. Neulich bekam ich auch einen Haufen Kodak Ektar 100.

Minolta X300

Viele Minoltas sind ganz wunderbare Kameras. Es gibt viele gute Objektive, die auch nicht so teuer sind. Mit irgendwas aus Minoltas X-Serie kann man nichts falsch machen. Diese Kamera hat ihren Weg zu mir gefunden. Das Objektiv stammt vom Flohmarkt und ein 50mm hat mir Johannes geschenkt. Der erste Film wird gerade entwickelt. Ich bin sehr gespannt.

Nikon F90x

Die Nikon F90x habe ich angeschafft, weil ich nur Point and Shoots besaß und gerne Herr über Blende und Zeit sein wollte, wenn ich Referenzbilder für meine Classic Presets fotografiere. Sie stand bei einem Händler im Schaufenster und ich dachte, es wäre bei Nikon so easy, wie bei den analogen Canon EOS, wo man wirklich jedes EOS-Objektiv nutzen kann. Die F90x versteht sich aber mit Objektiven nicht, die eine elektronische Blendensteuerung haben. Das schränkt die Auswahl sehr ein und ich muss noch etwas Geld in die Hand nehmen. Weil sie aber ein absolutes Arbeitstier ist und wirklich schön die Belichtung misst, werde ich wohl mal ein Nikon AF Nikkor 35 mm/2,0 D kaufen.

Canon AE 1

Willst du ein analoges System, was viele günstige und gute Objektive bietet, dann ist man bei Canon richtig. Die FD-Linsen sind ganz ok und vor allem weit verbreitet und günstig. Die AE1 ist auch eine tolle Kamera. Mit ihr muss ich noch viel fotografieren. Der Winter hat mich nur ein bisschen aufgehalten.

Contax T2

Hier hat der Hype mich mal richtig erwischt. Die Preise, zu denen die T2 gehandelt wird, werden nur von denen der T3 übertroffen. Es ist absolut verrückt, aber ich wollte sie so gerne haben. Das Objektiv ist wirklich charismatisch und wir reden hier nicht von Bildschärfe. Man kann es schwer beschreiben, aber da passiert Magie und sie ist jeden Euro wert. Ich hatte bei einer eBay-Auktion Glück und der Verkäufer akzeptierte meinen Preisvorschlag. Verschuldet euch nicht, aber wenn ihr es doch tut, hier verbrennt ihr kein Geld.

Ich fotografiere gerne analog. Es macht mir einfach Freude. Man kann nicht sagen, dass man unbedingt analog fotografieren müsste, es überlegen, elitär, oder besser wäre. Am Ende macht man dort die gleichen Fehler, die man immer macht und es hilft mir nur, nicht die Motivation, das Interesse, oder den Mut zu verlieren. Ich kenne langsam alle Tricks, um mich auf Kurs zu halten, so dass ich mich entwickeln kann, wenn auch langsam und mit großen Umwegen, aber immerhin geht es voran und ich lerne immer wieder dazu. Eines muss aber klar sein. Es geht nie um eine Kamera, oder einen Film, ein Werkzeug eben. Es geht immer nur um Inhalte und niemand wird automatisch ein bessere Fotograf, weil er diese, oder jene Technik benutzt. Manche Dinge machen mehr Spaß als andere, manche lenken einen ab und andere helfen bei der Konzentration. Man muss rausfinden, was einem gut tut und was man meiden sollte, aber ich kenne niemanden, der sich nicht gefreut hat, als er seinen ersten Film selbst entwickelt hatte und da tatsächlich Bilder zu sehen waren.

Nun bleibe ich Bilder aus den Kameras und mit den Filmen schuldig. Es würde den Rahmen sprengen und schon jetzt habe ich das Gefühl, ganz viel nicht erzählt zu haben. Vielleicht muss man da mal in die Tiefe gehen, oder ihr schaut mal bei Matt Day vorbei.