Ich möchte nicht ignorant sein.

Früher, vor Social Media, als man beispielsweise in Foren zusammenkam, lief Kommunikation oft ähnlich ab, wie in den Kommentarspalten heute auf Facebook, wenn auch weniger rau und hässlich. Damals habe ich darüber nicht so sehr nachgedacht, wie heute, denn seit dem Classic K14 Preset passiert bei mir deutlich mehr. Es gibt mehr Meinungen und Menschen, die etwas zu sagen haben, in meinem Alltag. Ich habe die Ansicht entwickelt, dass jede Meinung und jeder Mensch ernst zu nehmen ist, denn ich möchte die Kommunikationskultur verändern, zumindest für meinen Teil. Allzu oft stoßen kritische Stimmen auf Ablehnung, es gibt Lagerbildung und eigentlich keinen Diskurs mehr. Ich möchte das gerne aufbrechen und mit jedem diskutieren, der etwas zu sagen hat. Ich bin bereit meinen Standpunkt zu verändern, um zu zeigen, dass das Vorbringen von Argumenten durchaus etwas verändern kann, wenn sie fundiert sind und beharrlich vorgebracht werden. Das kostet viel Zeit, sehr viel Energie und macht manchmal nicht wirklich glücklich. Seitdem ich jedoch etwas mehr im Fokus stehe und noch etwas länger hier bleiben möchte, ist es mir ein Anliegen, nicht so zu agieren, wie viele andere es tun. Ich sehe mich nicht als eine Art Influencer, oder einer der zu vielen spricht. Ich bin Teil einer Masse. Meine Meinung ist nicht wichtiger, richtiger, oder wertvoller als deine. Was ich mache, ist nicht wichtiger, als das was ihr macht. Meine Arbeiten sind nicht bedeutsamer, nur weil sie mir wichtig sind.

Ich habe mich am Wochenende mit vielen über Street Photography im Allgemeinen und eben auch meiner Arbeiten im Speziellen unterhalten und dabei vor allem die kritischen Stimmen mehr hinterfragt. Mir ist dabei aufgefallen, dass wir sie oft gar nicht anhören und eine gewisse Ignoranz besitzen. Sicherlich muss man abgrenzen, damit man seine eigenen Ziele durchsetzen kann, aber in der Argumentation ist es schwierig, denn es erzeugt eine große Ablehnung auf der anderen Seite. Man muss nicht jedem gefallen, aber davonjagen muss man die Leute auch nicht gleich. Ich habe bei vielen Dingen einen hohen Anspruch und vor allem einen hohen Anspruch an mich selbst. Ich denke nicht, dass man es sich zu einfach machen sollte und so werde ich nicht mehr sagen, dass ich einfach mein Ziele weiterverfolgen werde, wenn ein anderer fundierte Argumente dagegen hat. Wer es schafft, mich zu überzeugen, wer eben wirklich gute Gründe hat, wieso ich vielleicht falsch liege, der kann mich dazu bringen, meine Ziele zu verändern, auch wenn diese mir sehr wichtig waren. Ich rede nich davon, einfach immer die kritische Meinung selbst anzunehmen. Ich werde meine Standpunkte verteidigen und so gut ich nur kann für meine Überzeugungen eintreten, aber nur solange ich es schaffe, eben jene zu verteidigen. Das möchte ich respektvoll tun.

Am Wochenende habe ich es nicht mehr geschafft, Teile meiner Fotografie zu verteidigen. Street Photography ist zu kontrovers, als dass man sie verteidigen könnte, ohne nicht egoistisch und ignorant zu gelten. Es gibt keinen gemeinsam zu erreichenden Konsens und für manche werden die Bilder immer bedeutungslos bleiben und werden dadurch einzig noch zu moralischen Verfehlung. Will ich jene ernst nehmen, für die das gilt, muss ich eine Konsequenz ziehen. Ich muss diese Art der Fotografie aufgeben. Führe ich es fort, obwohl ich anerkenne, dass die Argumente durchaus eine Bedeutung haben, die man mir vorbringt, bleibe ich ignorant. Das setzt meiner Meinung nach ein falsches Zeichen. Viele sind gerne ignorant, oder spielen damit, sich anderen gegenüber durchgesetzt zu haben. Sie verbuchen es als Sieg, die Stimmen zu ignorieren, die deutlich aufzeigen, was sie falsch machen. Ich möchte nicht, dass jemand zurücktreten muss, sich abgelehnt fühlt, oder gar ausgegrenzt, nur weil ich meine Kunst stur fortsetzen möchte. Darum sollte ich nun einige Dinge verändern. Ich sollte nicht mehr auf der Straße fotografieren. Ich sollte die inhaltliche Aussage meines Portfolios für Hochzeiten verändern und ich sollte mich nicht weiter darum bemühen, Werbung zu fotografieren. Damit wären alle Kritiken berücksichtigt, die deutlich genug aufgezeigt haben, dass ich falsch liege und die ich in den letzten Monaten einfach ignoriert habe. Das tut weh und es ist hart, aber vielleicht der hohe Preis, den man für seine Ignoranz zu zahlen hat. Ich möchte das nicht. In mir wehrt sich etwas sehr stark dagegen, aber will ich nicht weiter ignorant sein und mich durchsetzen, gegen den Willen anderer, will ich sie anhören und umsetzen, womit sie Recht haben, müsste ich so handeln. Ich sehe nur einen Fehler, den ich nicht gelöst bekomme. Was ist, wenn der andere sich einfach nicht überzeugen lassen will. Was ist, wenn er letztendlich Argumente nicht anerkennt, oder das Thema einfach keine richtige und keine absolut falsche Aussage zulässt? Wenn die Mehrheit sagt, Street Photography ist ok und hat ihren Wert, aber wenige das nicht nachvollziehen können, was ist dann richtig? Es ist eine Frage der Sichtweise und wenn mir mein Gegenüber meine Sichtweise absolut nicht eingestehen will, werde ich zwangsläufig seine Sichtweise annehmen müssen, möchte ich nicht an dem Punkt landen, wo man nur noch seine Meinungen wiederholt, aber nicht mehr darüber diskutiert. Was ist, wenn ich über das Thema diskutieren will, es versuche abstrakt und unemotional zu halten, aber der andere einfach nur seine Meinung aufbaut, weil meine Art ihm nicht gefällt? Ich habe gemerkt, dass das sich durchsetzen, bei manchen auf Ablehnung stößt. Sie finden es befremdlich, dass jemand seine Ziele gegenüber vermeintlicher Grenzen durchsetzt, weil ihm etwas daran liegt. Es wird als Egoismus und Übergriff gewertet. Für manche Grenzen gilt das sicherlich ohne Frage, aber andere müssen übertreten werden, damit eine Entwicklung stattfindet. Ich will sagen, was ist, wenn es ganz andere persönliche Dinge sind, die ihre Argumentation beeinflussen? Ich möchte nur nicht blind, unreflektiert und egoistisch tun und lassen, was ich will. Das macht mir ein bisschen Angst.

Ich suche noch nach einem Ausweg.

 

 

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